Simulation ist mehr als Software

Kostenlose Testversion
0
Wunschliste
0 0
Warenkorb

Direktkontakt
DE
50 Jahre ANSYS – die frühen Jahre von 1970 bis 1994

Die frühen Jahre von ANSYS – 1970 bis 1994

Wie alles begann

John Swanson studierte von 1959 bis 1964 an der Cornell University Maschinenbau. Danach begann er seine Berufskarriere am Westinghouse Astronuclear Labs in Pittsburgh. Neben seinem Job hat er 1964 bis 1966 eine Doktorarbeit in Angewandter Mechanik an der University of Pittsburgh angefertigt.

1970 - 1982 Swanson Analysis Systems, Inc. (SASI)

Als Mitarbeiter der Berechnungsabteilung war er für die Untersuchung von Komponenten von Kernkraftwerken zuständig. Für statische, axialsymmetrische Probleme stand ein FEM-Programm (Finite Elemente Methode) für einen IBM 7094 Computer zur Verfügung, das 75 Gleichungen lösen konnte.

Da Westinghouse nicht an Software-Entwicklung interessiert war, kündigte John Swanson seine feste Anstellung und arbeitete als Consultant für Westinghouse bis zur Gründung seines eigenen Unternehmens, der Swanson Analysis Systems, Inc. (SASI) im Jahr 1970. Das Büro befand sich in Johns Haus in Elisabeth, PA, in der Nähe von Pittsburgh.

Die erste Version seines FEM-Programms hieß ANSYS Rev. 2 und lief auf den Rechnern von Control Data (CDC 6500, 6600). Das Programm lieferte Lösungen für lineare und nichtlineare Statik, Dynamik und für stationäre und instationäre Temperaturfelder. John startete mit Rev. 2, weil er glaubte, einer Version 1 würde niemand vertrauen. Der erste kommerzielle Software-Vertrag wurde 1971 mit seinem früheren Arbeitgeber Westinghouse abgeschlossen.

In den ersten Jahren war John für alle Aufgaben zuständig: für Entwicklung, Wartung und Kundenunterstützung. Die ersten Mitarbeiter („original five“) waren Lauralee Wagner, Suzanne Batt, Gabe DeSalvo, Peter Kohnke und Roger Ehrlich. 1977 wurde ANSYS Rev. 3 freigegeben, eine komplette Neufassung: modular, interaktiv und es wurde hervorgehoben, „the user could generate some meaningful plots“. 1978 wurde ein Bürogebäude in Houston, PA gebaut, das schon damals die Abwärme der Rechner für die Heizung nutzte. 1980, nach zehn Jahren, zählte SASI 25 Mitarbeiter.

1982 - SASI und ANSYS Support Representatives (ASRs)

1982 kam die Version 4.0 mit bedeutenden neuen Funktionen auf den Markt: PREP7 (Pre- und Postprocessor) zur Eingabe von Daten und zur Auswertung von Ergebnissen, mit Schnittstellen zu CAD-Programmen (Computer Aided Design), einer eigenen Parametersprache, schon damals Optimierungsfunktionen und mit Modulen für Akustik, Elektromagnetik und gekoppelte Felder (elektrisch-magnetisch und thermisch-mechanisch). Auch neue Materialen wie Verbundwerkstoffe wurden unterstützt.

SASI wollte sich auf die Entwicklung der Software fokussieren. Zur Vermarktung der Software, der Kundenunterstützung und der Schulung wurde das Netzwerk der ANSYS Support Representatives (ASR) ausgebaut. Bis 1983 wuchs die Anzahl auf sieben Representatives in den USA und Kanada sowie drei in Europa. Einer davon war seit Mai 1982 Günter Müller. Die Representatives hatten die Aufgabe Software zu verkaufen, lokalen Support und Schulung anzubieten, aber auch neue Kundschaft zu akquirieren. Die Lizenzverträge wurden von SASI abgeschlossen.

SASI hatte mittlerweile 40 Mitarbeiter und zählte mehr als 200 Installationen von ANSYS. 1984 ist die Zahl der Installationen bereits auf über 300 angestiegen, davon 75 in Europa und 15 in der Bundesrepublik Deutschland. Der Umsatz lag bei 10 Millionen US-Dollar. Dieser rasante Zuwachs bewog John Swanson, das Vertriebsmodell zu ändern.

1985 - SASI etabliert ANSYS Support Distributors (ASDs)

Ab Januar 1985 durften die ASRs auch selbst Verträge mit ihren Kunden abschließen. Sie wurden jetzt ANSYS Support Distributors (ASDs) genannt und ihnen wurden exklusive Vertriebsgebiete zugeordnet. Für Günter Müller hatte dies zur Folge, dass er eine Firma, die CAD-FEM GmbH, gründen musste (damals noch mit Bindestrich geschrieben). CAD-FEM wurde exklusiver ANSYS Anbieter für Deutschland, Schweiz, Lichtenstein, Österreich, Slowenien, die damalige Tschechoslowakei und Polen.

Aufgrund der wachsenden Anzahl von Mitarbeitern bei SASI – 100 im Jahr 1987 – wurden Departments für Development, Systems & Production, Quality Assurance, Sales & Facilities, Marketing & Training und Administration eingerichtet. Ende 1986 wechselte SASI in ein neues Bürogebäude. Zur Information der Anwender wurden regelmäßig TechNotes und Error Reports veröffentlicht. Die Qualitätssicherung erfolgte durch Tests an 1.000 Berechnungsbeispielen.

Ab Mitte der 1980er Jahre beschleunigte SASI die Programmentwicklung. In jährlichem Abstand erschienen die Revisionen 4.2 (1986), 4.3 (1987) und 4.4 (1988). Diese enthielten unter anderem Routinen für Submodeling, Optimization, Solid Modeling, Parametric Language, Fatigue (ASME), Elektromagnetics, Color Graphics und auch Module für den PC (Personal Computer). Durch die Akquisition der Firma COMPUFLOW, Charlottesville, Virginia, USA (Dr. Rice) konnte SASI nun auch Lösungen für Strömungsmechanik mit der Software FLOTRAN anbieten.

Da in den 1980er Jahren viele Hardware-Firmen gegründet wurden, musste SASI 1989 mehr als 900 Installationen auf 20 Rechnertypen mit 30 verschiedenen Betriebssystemen warten. Der Kaufpreis der PC-Module lag zwischen 1.600 US-Dollar (PC/OPT) und 6.400 US-Dollar (PC/LINEAR). Die monatlichen Mietpreise auf Workstations lagen bei 900 bis 1.500 US-Dollar.

1992 - Die lang erwartete ANSYS Rev. 5

ANSYS Rev. 4.4 musste länger als geplant herhalten, da die Rev 5 über mehrere Jahre angekündigt, aber erst 1992 frei gegeben werden konnte. Sie wurde komplett neu geschrieben mit einer neuen Datenstruktur und vielen Neuentwicklungen. Dazu gehörte die gemeinsame Datenbank für Pre- und Postprozessoren, Boole´sche Operationen, Unterstützung der Eingabe durch "Control Panels", Video-Output und Animation, automatische adaptive Vernetzung, Fehlernormen, automatische Laststeigerung, große Dehnungen und Rotationen, Kontaktflächen, hyperelastisches Material und Schnittstellen zur Strömungsmechanik.

Der Umsatz von SASI wuchs 1992 auf rund 30 Millionen US-Dollar, die Mitarbeiterzahl auf etwa 150. Die Anzahl der ANSYS Support Distributoren stieg auf etwa 35. Die kommerziellen Installationen lagen bei 2.500 sowie zusätzlichen 1.600 Hochschulverträgen.

Erwähnt seien noch die ANSYS International Conferences, die ab 1983 bis 1998 im zweijährigen Turnus abgehalten wurden. Die 1. ANSYS Conference fand in Pittsburgh statt. Keynote Speaker war Professor Eduard Wilson mit dem Thema “New Development of Finite Elements”. Das Mittagessen wurde von John persönlich serviert mit Unterstützung seiner Mitarbeiter und den ASDs, da das Hotelpersonal streikte. Bei weiteren Konferenzen hielt Richard H. Gallagher (1987) vom Worcester Polytechnic Institute einen Vortrag über “Integrating Design and Analysis“ und O.C. Zienkiewicz (1991) von der Swansea University einen Vortrag über „State of the Art in Adaptivity and Mesh Generation“. Alle drei zählen zu den bedeutenden Wissenschaftlern auf dem Gebiet der FEM.

1993 - John Swanson verkauft seine Firma SASI

Völlig überraschend verkaufte John Swanson 1993 eine Mehrheitsbeteiligung an seinem Unternehmen SASI an T.A. Associates, eine Risikokapitalfirma. Die Übernahme von SASI wurde 1994 abgeschlossen. Der Name der Firma wurde in ANSYS, Inc. geändert und diese ging 1996 an die Börse. Neue Manager kamen an Bord: Peter Smith als CEO und Klaus Schlemper als Manager European Operations. John war noch fünf Jahre als Chief Technologist bei ANSYS, Inc. tätig. Danach gründete er wieder eine eigene Firma, die Swanson Analysis Services, Inc. (SASI), mit der er andere Themen als bisher verfolgte.

ANSYS hat sich über die Jahre zum Weltmarktführer der numerischen Simulation entwickelt und den Umsatz durch gezielte Akquisitionen auf rund 1,3 Milliarden US-Dollar (2019) gesteigert.

Die ANSYS Support Distributoren waren über die Nachricht vom Verkauf von SASI geschockt. Im Laufe der Zeit hatte sich ein freundschaftliches, ja familiäres Verhältnis zwischen den ASDs entwickelt. Das jährliche Treffen bei SASI in Pittsburgh war das Highlight des Jahres. Damit endet die Geschichte der frühen Jahre von ANSYS.

John hat viele Ehrungen erhalten. Genannt sei nur die John-Fritz-Medaille, die ihm von der American Association of Engineering Societies 2004 verliehen wurde. Sie gilt als die höchste und prestigeträchtigste Auszeichnung im Ingenieurberuf und wird seit 1902 jährlich für herausragende Ingenieurleistungen in der Industrie oder Wissenschaft vergeben. Thomas Edison, Alfred Nobel und Alexander Graham Bell zählen zu den Ausgezeichneten.

John Swanson hat viele wissenschaftliche, aber auch soziale Einrichtungen unterstützt. 2007 spendete er der Universität von Pittsburgh 41,3 Millionen US-Dollar. Es war damals die größte Einzelspende, die die Universität erhielt.

Autor
Dr.-Ing. Günter Müller, Gründer der CADFEM GmbH and geschäftsführender Gesellschafter der CADFEM International GmbH

Danksagung
Wir möchten uns bei John Swanson für all die Jahre guter, fairer und freundlicher Zusammenarbeit herzlich bedanken. Der Vertrieb und die Unterstützung von ANSYS hat uns viel Spaß bereitet und hat CADFEM zu einem florierenden Unternehmen gemacht. Danke sagen wir auch für die aktive Teilnahme von John Swanson und seinen Mitarbeitern an unseren jährlichen CADFEM Users‘ Meetings, auch noch viele Jahre nach der Übernahme.

© Bilder: privat


Weitere Artikel zu diesem Thema lesen