Simulation ist mehr als Software

Kostenlose Testversion
0
Wunschliste
0 0
Warenkorb

Direktkontakt
DE

Tech Artikel | 24/05

Kontaktdruckanalyse in Ansys – eine harte Nuss?

Kontaktberechnungen sind allgegenwärtig in der Strukturmechanik und Größen wie Durchdringung und Kontaktsteifigkeit ständige Begleiter. In welchen Situationen eine Steifigkeit von 8000 N/mm³ reicht und wann Sie das Tausendfache verwenden müssen, beleuchten wir in diesem Artikel anhand eines elektrischen Steckverbinders.

Kontaktberechnung in der Strukturmechanik

Kontakte begegnen einem in den meisten strukturmechanischen Berechnungen. Dabei kann es sich im einfacheren Fall um Verbundkontakte handeln. Einfacher deshalb, weil es sich um lineare Kontakte handelt. Es können aber auch Kontakte mit Reibung vorliegen. Die sind schwieriger zu berechnen, denn diese Kontakte können sich öffnen und schließen und beim geschlossenen Kontakt ist Haften und reibungsbehaftetes Gleiten zu unterscheiden. Damit führen die reibungsbehafteten Kontakte zu einer nichtlinearen FE-Berechnung. Während der Berechnung muss der Solver den Statuswechsel in Normal- und Tangentialrichtung ausiterieren, bis Kräftegleichgewicht erreicht ist.

Die Konvergenz hängt dabei von der Kontaktformulierung, der Kontaktsuche und dem Kontaktstatus ab. Letzterer zeigt, ob der Kontakt offen oder geschlossen ist. Wenn ein Kontakt an keiner Stelle geschlossen ist und ein Körper nicht weiter gelagert ist, dann kann es zu Starrkörperverschiebungen kommen. Es ist also für geschlossene Kontakte zu sorgen, gerade zu Beginn der Berechnung ist das ein Thema, doch auch während der Berechnung können sich Kontakte öffnen. Bei der Kontaktsuche muss der Solver bestimmen, wo der Kontakt geschlossen ist. Es ist kennzeichnend für den nichtlinearen Kontakt, dass die geschlossenen Kontaktbereiche nicht im Vorfeld bekannt sind, sonst könnte man auch mit Randbedingungen arbeiten.

Die Kontaktformulierung legt fest, wie die Kontaktbedingung in die Gleichungslösung des Finite-Element-Problems eingebaut wird. Hier wird meistens mit einem Penalty-Verfahren gearbeitet. Zentral ist für das Verfahren, dass eine hohe Steifigkeit zwischen den Kontaktknoten wirkt, die eine Durchdringung verhindert. Diese Kontaktsteifigkeit hat aber einen Einfluss auf Konvergenz und Ergebnisse und der Anwender ist gefragt, die Steifigkeit anzupassen, z.B. bei kleinen Kontaktflächen wie der Hertzschen Pressung. Die Kontaktsteifigkeit soll in einem praxisnahen Beispiel einer elektrischen Steckverbindung diskutiert werden, wobei primär Kontaktkraft und -fläche bestimmt werden.

Was macht das Penalty-Verfahren?

Beim Penalty-Verfahren wirken Kräftepaare, die proportional zur Durchdringung zwischen den eindringenden Körpern wirken. Das kann man sich so vorstellen, als ob steife Federn zwischen den Kontaktpartnern aufgespannt werden. Beim nichtlinearen Kontakt wirken diese nur unter Druck und sollen beim geschlossenen Kontakt ein weiteres Durchdringen verhindern. Dafür muss die Steifigkeit der Kontaktfedern deutlich höher sein als die Struktursteifigkeit, schließlich soll sich die Struktur verformen und nicht die Durchdringung im Kontakt zunehmen. Deshalb ist es naheliegend, dass der Solver zunächst eine Steifigkeit aus dem im Kontakt befindlichen Material ableitet, bei Mechanical APDL geht der E-Modul ein.

Diese Steifigkeit wird noch mit Elementabmessungen gewichtet und führt zu relativ hohen Steifigkeiten, wie sie für Verbundkontakt passend sind. Bei nichtlinearen Berechnungen führt das aber in den meisten Fällen zu unnötig hohen Kontaktsteifigkeiten und damit kleinen Schrittweiten bei der nichtlinearen Berechnung. Um Konvergenz und Effizienz zu verbessern, wird die Steifigkeit während der Berechnung basierend auf den Durchdringungen und den Spannungen in der darunter liegenden Struktur aktualisiert. Die Steifigkeit wird als Kraft pro Fläche und Durchdringung gemessen und resultiert in der Praxis in Kontaktsteifigkeiten, die im Bereich von kleiner 0,1 N/mm³ bis über 1.000.000 N/mm³ liegen.

Sie ist zudem nicht nur vom Material, sondern auch von der Nachgiebigkeit der Struktur abhängig. Man erhält nicht automatisch die Steifigkeit, die für das Berechnungsziel notwendig ist und für den Anwender stellt sich die Frage, ob die in der Berechnung vom Solver abgeschätzte Steifigkeit für seine Aufgabe ausreichend ist. Fallen die Durchdringungen zu hoch aus, können andere Ergebnisgrößen beeinflusst werden und sind ungenau. Es obliegt dem Anwender zu prüfen, ob die Kontaktsteifigkeiten für seinen Zweck ausreichend sind. Dieser Aspekt der Kontaktsteifigkeit soll im Folgenden an einer elektrischen Steckerverbindung diskutiert werden.

Steckverbindung und Modellierung

Die elektrische Steckerverbindung besteht aus einer außen liegenden Hülse und einem Stecker. Diese beiden Teile sind über eine Feder verbunden. Die Feder und der Stecker weisen ein Übermaß auf, so dass beim Zusammenstecken die Feder verformt wird. Aus der Aufweitung der Feder resultiert über Reibung eine Steckkraft, die berechnet werden soll. Anschließend fließt im Betrieb Strom durch den Stecker über die Feder in die Hülse. Der Strom führt zu einer Erwärmung der Bauteile. Dazu kommt noch eine Erwärmung aus dem Kontaktwiderstand, der nichtlinear vom Kontaktdruck abhängt. Für einen nominellen Kontaktdruck (Normalkraft pro Fläche) soll auch die Kontaktfläche bestimmt werden.

Hülse und Stecker sind aus Aluminium, während bei der Feder aus einer Kupferlegierung auch Plastizität berücksichtigt wird. Die Feder ist geschlitzt und besteht aus 10 Stegen, aufgrund von Symmetrie wird nur ein halber Steg berechnet. In der Berechnung wird nicht der komplette Steckvorgang simuliert, sondern Feder und Stecker sind mit einem Übermaß von 0,2 mm positioniert. Im ersten Lastschritt wird das Übermaß herausgedrückt (durch einen schrittweisen Offset der Kontaktfläche) und die Normalkraft stellt sich ein. Im zweiten Schritt wird die Hülse in Längsrichtung verschoben, unter der Annahme Coulombscher Reibung mit Reibbeiwert 0,15 stellt sich die Steckkraft ein.

Die Kontaktkraft und die Kontaktfläche sollen nun bei variierenden Kontaktsteifigkeiten untersucht werden. Der Ansys Mechanical APDL Solver schätzt ohne weitere Anwendereinstellung die Kontaktsteifigkeit aus Materialeigenschaften und Elementabmessungen ab. Da Kontaktsteifigkeiten über einen weiten Wertebereich variieren ist eine erste Abschätzung selten passend und es erfolgt während der Berechnung eine Aktualisierung, basierend auf Strukturspannungen und Durchdringungen. Die untere Grenze der Kontaktsteifigkeit liefert eine aggressive Aktualisierung von 8100 N/mm3. In weiteren Varianten wird auf Basis der programmgesteuerten Aktualisierung die Steifigkeit bis auf 18.500.000 N/mm3 erhöht.

Einfluss der Kontaktsteifigkeit auf die Ergebnisse

Ausgewertet werden primär die Steckkraft und die Kontaktfläche. Bei der Steckkraft stellt man fest, dass diese von 0,499 N auf 0,502 N zunimmt. Die Steckkraft ist direkt proportional zu der Normalkraft, auch diese ändert sich entsprechend. (Anmerkung: Die Kräfte gelten für das modellierte Segment, das einen halben Steg umfasst. Für 10 Stege ergibt sich also eine Steckkraft von insgesamt 2x10x0,5 N = 10 N). In dem untersuchten Bereich der Kontaktsteifigkeit gibt es also nur einen geringen Einfluss auf die resultierenden Kräfte.

Dies sieht man auch bei der Auswertung der Kontaktfläche in Abhängigkeit von der Kontaktsteifigkeit. Anfangs stellt sich ein linienförmiger Kontakt über die ganze Stegbreite mit einer Fläche von 0,15 mm² ein. Mit zunehmender Steifigkeit wird die Kontaktfläche am Stegrand punktförmig und reduziert sich auf 0,00677 mm2 bei einer Steifigkeit von 18.500.000 N/mm³ (Anmerkung: Die Flächen gelten für das modellierte Segment, das einen halben Steg umfasst. Für 10 Stege ergibt sich also eine Fläche von insgesamt 2x10x0,00677 mm² = 0,135 mm²). Die Kontaktfläche ändert sich somit nicht im Prozentbereich, sondern etwa um den Faktor 20.

Ein ähnliches Verhalten beobachtet man für weitere Größen wie die Durchdringung und den nominellen Kontaktdruck. Die Durchdringung nimmt etwa um den Faktor 100 ab und beträgt laut Simulation nur noch 33 nm. Wenn so kleine Durchdringungen noch eine Veränderung des Ergebnisses hervorrufen, sollte eine Studie bezüglich der Fertigungstoleranzen durchgeführt werden. Der Wert des nominellen Kontaktdruckes ist auch um den Faktor 25 angestiegen und beträgt etwa bei einer Steifigkeit von 1,86e7 N/mm³ rund 500 MPa.  An der Kontaktfläche sieht man aber, dass nur wenige Elemente im Kontakt sind und somit auch der Einfluss der Vernetzung geprüft werden muss.
 

Kontaktsteifigkeit
[N/mm³]
Steckkraft
[N]
Kontaktfläche
[mm²]
max. Durchdringung
[mm]
nomineller Kontaktdruck
[N/mm²]
8100    0,497    0,15  3,90E-03 22,09
1,86E+050,5010,04259,90E-0478,59
1,86E+060,5020,0097251,40E-04344,13
1,86E+070,5020,00676153,30E-05494,96

Tabelle 1: Kontaktfläche und Steckkraft sowie maximale Durchdringung und nomineller Kontaktdruck in Abhängigkeit von der Kontaktsteifigkeit

Wie wirkt sich eine Netzverfeinerung aus?

Die Kontaktsteifigkeit ist ein numerischer Parameter, der keinen nennenswerten Einfluss auf die zu berechnenden Ergebnisse haben darf. So wie eine Netzverfeinerung bei den Finiten Elementen irgendwann die Ergebnisse nicht mehr ändern darf, muss auch die Erhöhung der Kontaktsteifigkeit eine Konvergenz der Ergebnisgrößen zeigen. Wenn man die vorstehenden Ergebnisse betrachtet, dann ist das bei der Kontaktfläche nicht gegeben. Im Fall der Kontaktfläche ist es aber nicht ausreichend, nur die Steifigkeit zu erhöhen. Bei einer Elementkantenlänge von 0,05 mm sind nur wenige Elemente im Kontakt. Es reicht also nicht, nur die Steifigkeit zu erhöhen, gleichzeitig muss das Netz verfeinert werden.

Die Netzkantenlänge wird um einen Faktor 10 bis auf 0,005 mm reduziert. Das führt zu einer Kontaktfläche von 0,0072 mm². Das zuvor zu grobe Netz unterschätzt die tatsächliche Fläche. Die Kontaktkraft bleibt bei 0,502 N und es stellt sich ein nomineller Kontaktdruck von 465 N/mm² ein. Die maximale Durchdringung liegt mit 1,3e-5 mm. Bei diesen Ergebnissen zeigt die Berechnung mit der Netzkantenlänge von 0,005 mm wie auch bei der finalen Kontaktsteifigkeit von 34.700.000 N/mm³ konvergierte Werte, d.h. weitere Netzverfeinerung oder höhere Steifigkeit ändern das Ergebnis nicht mehr.

Schon bei dem gröberen Netz verschlechtert sich die Konvergenz beim Herausdrücken der Anfangsdurchdringung. Während die erste Berechnung mit 8100 N/mm³ nur 86 Iterationen benötigt, liegt man bei 18.600.000 N/mm³ bei 176 Iterationen und der doppelten Rechenzeit. Das feine Netz mit 0,005 mm Kantenlänge und 34.700.000 N/mm³ Kontaktsteifigkeit benötigt 282 Iterationen. Zusammen mit einer mehr als 11-fachen Knotenanzahl und über 3-fachen Iterationsanzahl steigt der Berechnungsaufwand von Minuten auf knapp einen Tag, um die Kontaktfläche genau zu berechnen. Dies ist typisch für punktförmigen Kontakt steifer Körper, die genaue Kontaktflächenberechnung ist mit einem hohen Aufwand verbunden.

Wie erklärt sich der Einfluss der Steifigkeit?

Die Kontaktfläche lässt sich also bei der Steckverbindung mit relativ hohem Aufwand unter Anpassung der Kontaktsteifigkeit berechnen. Die Kontaktkraft ist aber mehr oder weniger unabhängig von der Kontaktsteifigkeit. Warum ist eine Ergebnisgröße so abhängig von der Steifigkeit, die andere dagegen nicht? Die Feder hat gegenüber dem Stecker ein Übermaß von 0,2 mm. Dieses Übermaß muss im Kontakt herausgedrückt werden, die Feder verformt sich um ca. 0,2 mm. Die Durchdringung liegt im Mikrometerbereich und ist damit um zwei Größenordnungen kleiner. Wenn man die Durchdringung reduziert und im Mikrometerbereich der Federweg zunimmt, dann ändert sich der Federweg nur im Prozentbereich, und damit auch die Federkraft.

Anders verhält es sich bei der Kontaktfläche. Über die Feder hinweg hat man kleine Spalte im Bereich von wenigen hundertstel Millimeter und kleiner. Um die geschlossenen Kontaktfläche gibt es im Verhältnis zur geschlossenen Kontaktfläche große Bereiche mit Abständen im Mikrometerbereich. Eine geringe Kontaktsteifigkeit mit einer Eindringung im Mikrometerbereich führt deshalb zu einer großen Änderung der Kontaktfläche. Die Eindringung ist in der gleichen Größenordnung wie der umgebene Spalt. Der Einfluss der Kontaktsteifigkeit ist erklärbar, aber im Zweifel ist eine Studie notwendig, um die Ergebnisse zu bestätigen, wie es auch bei Elementgrößen und anderen numerischen Parametern üblich ist.

Der Anwender muss also bewerten, welchen Einfluss die Durchdringung auf die Ergebnisgrößen hat, die er auswertet. Nicht alle Ergebnisgrößen sind empfindlich hinsichtlich der Kontaktsteifigkeit. Aber gerade die Kontaktfläche bei linien- und punktförmigen Kontaktstellen bei gleich steifen Körpern erfordert sehr steife Kontakte.

Multiphysikalische Auslegung der Steckverbindung

Ort und Größe der Kontaktfläche sowie der Kontaktdruck können für eine weitere Auslegung der Steckverbindung hinsichtlich der Stromtragfähigkeit herangezogen werden. Wie bereits oben angedeutet führt der Stromfluss durch Stecker, Feder und Hülse zu einer Erwärmung, bedingt durch den Widerstand in den Materialien. In den beteiligen Bauteilen kommt es zu einer Wärmeleitung sowie einem Übergang in die Umgebung (Konvektion, angrenzende Bauteile). Die Temperaturverteilung wiederum ändert mechanische Größen wie E-Modul und Fließgrenze. Die Verformung hat Einfluss auf die Geometrie und Kontaktbereiche, so dass es wiederum Wechselwirkungen mit dem elektrischen Feld und dem Temperaturfeld gibt.

Hinzu kommt eine Erwärmung in den Kontaktstellen, die nichtlinear vom Kontaktdruck abhängt. Ursache ist die Zunahme der tatsächlichen Fläche in Kontakt, Rauheitsspitzen werden eingeebnet und es kommen mehr und mehr Spitzen in Kontakt. Damit nimmt die Leitfähigkeit der Kontaktfläche zu bzw. der Widerstand ab. Insbesondere beim Temperaturfeld spielt auch die Leitfähigkeit des Fluids zwischen den Kontaktpartner eine Rolle, durch Wärmeleitfähigkeit und die Größe der verbleibenden Spalte. Basierend auf den CAD-Daten mit perfekten Oberflächen wird die reale Kontaktfläche, resultierend aus Rauigkeiten, nicht abgebildet. Stattdessen definiert man eine Leitfähigkeit im Kontakt abhängig vom Kontaktdruck.

Die Wechselwirkung zwischen den physikalischen Domänen Mechanik, Temperatur und Elektrizität kann in einer Coupled Field Analyse untersucht werden. Dabei ist es wichtig, dass Kontaktkräfte, -drücke und -flächen korrekt berechnet werden. Hier kommt der Kontaktsteifigkeit eine große Bedeutung zu. In der Regel liefern die Algorithmen von Ansys Mechanical bereits der Situation angemessene Kontaktsteifigkeiten, aber wie gezeigt, muss in speziellen Anwendungsfällen auch gezielt nachjustiert werden. Ausgehend vom mechanischen Modell kann die Simulation nun um das elektrische und das Temperaturfeld ergänzt und die Stromtragfähigkeit unter Berücksichtigung der nichtlinearen Leitfähigkeiten berechnet werden.

Autor

Berechnungsingenieur

Veröffentlicht: April 2024

Redaktion:
Dr.-Ing. Marold Moosrainer
Head of Professional Development

Titelbilder:
Links: © CADFEM GmbH
Rechts: © Adobe Stock

WEITERE BEITRÄGE ZUM THEMA