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Tech Artikel | 24/06

Mesh Morphing mit Methode: Der Wärmetauscher

Sie wollen die Möglichkeiten des Ansys Fluent Adjoint Solvers zur Freiformoptimierung Ihres Designs verwenden? Dann müssen Sie sich Gedanken bzgl. der zu verwendenden Netzdeformations-Methode machen: Wie aufwändig ist welche Methode und wie gut werden Bauraumbegrenzungen eingehalten? Dieser Artikel gibt Ihnen einen Überblick am Beispiel eines Wärmetauschers.

Das Optimierungsproblem am konkreten Beispiel

Sie haben ein Design und denken nun an eine Geometrieoptimierung? Ansys bietet hier im Bereich der Strömungssimulation zwei wesentliche Herangehensweisen: Die Parameteroptimierung und die Freiformoptimierung. Im Bereich der Freiformoptimierung arbeiten Sie parameterfrei und erhalten durch das Lösen des sogenannten Adjoint Problems die Verschiebungs-Sensitivitäten aller Wandknoten Ihres CFD-Netzes bzgl. einer von Ihnen definierten Zielgröße – beispielsweise die Reduktion des Druckverlustes (Artikel 23/05). Über mehrere Design-Iterationen nähert sich das Optimierungstool Gradient-Based-Optimizer nun iterativ dem Optimum an. Wie aus den Sensitivitäten ein verformtes Netz wird, ist Thema dieses Artikels.

Schauen wir uns das Ganze an dem Beispiel eines 2D Wärmetauschers an, der sich stromab einer Kanalumlenkung von 90° befindet. Hierbei wird das Druckgefälle von Ein- zu Auslass so gewählt, dass am Einlass eine Strömungsgeschwindigkeit von 0.5 m/s erreicht wird. Das Wasser hat eine Eingangstemperatur von 20 °C und der Wärmetauscher eine konstante Wandtemperatur von 90 °C. Das Ziel der Optimierung ist die Maximierung des Wärmestroms von Wärmetauscher zu Wasser. Durch diese Wahl der Randbedingungen und der Zielgröße wird indirekt eine Erhöhung des Druckverlustes verhindert, da dies eine Verringerung des Massenstroms zur Folge hätte, was sich negativ auf die Zielgröße auswirken würde.

Eine Design-Iteration des Gradient-Based-Optimizers besteht jeweils aus der Berechnung der Sensitivitäten, der Netzverformung und der anschließenden Strömungslösung. Wir gehen nun davon aus, dass wir uns inmitten einer Design-Iteration befinden, die Sensitivitäten berechnet haben und der nächste Schritt die Netzverformung (Mesh Morphing) ist. Für das Mesh Morphing stehen im Design Tool drei Methoden zur Verfügung: Direct Interpolation, Polynomials und Radial Basis Function. Wie die Methoden funktionieren, welche Netzqualität wir erwarten können und wie gut sie mit Bauraumbegrenzungen (Design Conditions) umgehen, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.

Welche Morphing Methoden kennt Fluent?

Zwischen Direct Interpolation, Polynomials und Radial Basis Function ist die einfachste und am wenigsten aufwändige Methode die Direct Interpolation. Hierbei basiert die Verformung des Volumennetzes auf dem gewichteten Mittel der Verschiebung der Randknoten. Die Verschiebung der Randknoten wiederum erfolgt durch die direkte Verwendung der Sensitivitäten unter Hinzunahme eines Glättungsparameters. Der Nachteil der Methode gegenüber den anderen beiden Methoden ist das hohe Risiko, eine schlechte Netzqualität zu erhalten. Außerdem besteht bei nicht-konformen Interfaces die Möglichkeit, dass sich beide Seiten des Interfaces voneinander entfernen.

Bei der Polynomials Methode definieren wir zunächst in jeder Raumrichtung des zu verformenden Gebiets eine Anzahl von Kontrollpunkten (CP). Diese CPs werden basierend auf den Sensitivitäten verschoben, wobei die eigentliche Netzverformung durch das Mapping der CP-Verschiebung über Bernstein-Polynome und B-Splines auf die Netzknoten erfolgt. Durch die großskaliege, glättende Eigenschaft der Bernstein-Polynome bietet die Polynomials Methode den Vorteil, die Netzqualität auch bei großen Verformungen zu erhalten. Dem Nachteil notwendiger kleiner Toleranzen bei Verwendung von Design Conditions kann seit der Version Ansys 2023R2 mit der Enhanced-Option begegnet werden.

Die dritte Methode ist die Radial Basis Function. Hierbei wird die Netzdeformation auf Basis der Verschiebung von Kontrollpunkten mittels einer Kernel-Funktion interpoliert. Bei Ansys Fluent sind die Kontrollpunkte die Netzknoten selbst, womit die Kernel-Funktion den Einflussradius eines jeden Knotens auf die Nachbarknoten beschreibt. Die Radial Basis Function Methode bietet eine gute Balance zwischen dem Erhalt der Netzqualität und einem effizienten Händeln von Design Conditions. Analog zur Polynomials Methode gibt es die Zusatzoption Enhanced, die bei Verwendung von Design Conditions die Wahl größerer Toleranzen erlaubt.

Wärmetauscher „in Shape“

Dem Optimierungsziel der Maximierung des Wärmeübergangs unseres Wärmetauschers wohnt das Problem inne, dass Maximierungsprobleme weniger robust sind als Minimierungsprobleme. Daher formulieren wir unser Ziel unter Observables nun als Minimierung der Inversen des Wärmeübergangs. Zusätzlich normieren wir die Zielgröße mit dem Startwert, sodass wir während der Optimierung stets die prozentuale Veränderung gegenüber dem Startwert ablesen können. Je Design Iteration wird eine Zielgrößenreduktion um 1.25 % angestrebt. Die Optimierung wird automatisch gestoppt, wenn der Gradient-Based-Optimizer das Konvergenzkriterium erreicht.

Im Design Tool treffen wir nun alle Einstellungen für das Mesh Morphing. Im Falle des Wärmetauschers liegen sowohl die zu modifizierende Wände (wall_fins) als auch nicht zu modifizierende Wände (wall_outer) innerhalb der Region, in der die Netzverfomung durchgeführt werden soll (s. Abbildung). Somit haben wir trotz nicht vorhandener Design Conditions die Bedingung, dass die Zone wall_outer während der Optimierung nicht verformt werden darf. Im Falle der Methoden Polynomials oder Radial Basis Function ist demnach die Enhanced Option notwendig, um einen hohen Rechenaufwand bei engeren Toleranzen zu vermeiden.

Für die drei Morphing Methoden ergeben sich bei den oben beschriebenen Einstellungen die unten dargestellten Ergebnisse, die sich sowohl geometrisch als auch hinsichtlich der Zielerreichung deutlich unterscheiden. So konnte die Direct Interpolation Methode nach 13 Design Iterationen lediglich 5 % Verbesserung erzielen. Sowohl die Verwendung der Polynomials als auch die der Radial Basis Function Methode resultieren in einer glatteren Netzverformung und einer größeren Zielgrößenreduktion um 12 % bzw. 14 % innerhalb von 16 bzw. 22 Design Iterationen. Die unterschiedlichen Ergebnisse sind in der für Gradienten-basierte Optimierungsverfahren typischen Suche eines lokalen Minimums begründet.

Fluent Adjoint Solver – jetzt sind Sie an der Reihe!

Wie das Wärmetauscher-Beispiel verdeutlicht, können die Ergebnisse der Optimierung stark von der gewählten Mesh Morphing Methode abhängen – insbesondere dann, wenn unterschiedliche lokale Minima gefunden werden. Die Erfahrung zeigt, dass die Ergebnisse von Polynomials und Radial Basis Function typischerweise näher beieinander liegen und glattere Verformungen erzeugt werden als es die Direct Interpolation Methode tut. Letztere ist hingegen sehr robust und benötigt einen geringen Rechenaufwand. Probieren Sie die Methoden doch einmal an Ihrem konkreten Beispiel aus! Hinweis: Einen ersten Eindruck des Ergebnisses liefert die Preview Funktion des Design Tools.

Das Mesh Morphing stellt lediglich einen Baustein innerhalb der Anwendung des Adjoint Solvers zur Freiformoptimierung dar. Ebenso bedeutsam sind auch die Definition der Zielgröße, das Setup des Gradient-Based Optimizers und die korrekte Wahl der Numerik-Einstellungen und Stabilisierungsverfahren. Wussten Sie, dass Sie eine Mehrzieloptimierung bei mehreren Betriebszuständen durchführen können? Und haben Sie mithilfe der Sensitivtäten bereits ein vertieftes Designverständnis erhalten? Der Ansys Fluent Adjoint Solver bietet eine Vielzahl von Funktionen, die weit über die einfache Geometrieverformung oder die Optimierung einzelner Zielgrößen hinausgehen. Schauen Sie sich doch direkt unser Seminar  zu dem Thema an!

Autor

Beratung & Service

Veröffentlicht: April 2024

 

Redaktion:
Dr.-Ing. Marold Moosrainer
Head of Professional Development

Titelbilder:
Links: © CADFEM GmbH
Rechts: © CADFEM GmbH

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